Online-Anlagen nach drei Methoden für Neulinge im Selbsttest*

Margaux Sitavanc 15 Minuten Lesezeit
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Sparen oder investieren? Das ist die Gretchenfrage, wenn es um Geld geht, aber die Antwort ist gar nicht so einfach. Die Journalistin Margaux Sitavant versucht es mit dem Investieren. Für Blick.ch testet die Anfängerin im Online-Investieren 7 Wochen lang 3 Strategien mit einem Startkapital von 3‘000 CHF: Investieren in die Gewinner und Verlierer des Tages, Investieren in grosse Namen und Investieren in ETFs. Margaux teilt ihre Erfahrungen, Erfolge und Misserfolge während ihres Experiments und schliesst mit ihren persönlichen 10 Geboten für Trading-Anfänger. Am Ende des Experiments geht sie mit einem leichten Minus aus dem Experiment hervor und betont die Wichtigkeit von langfristiger Planung und Diversifizierung beim Trading. Und last but not least: Den perfekten Einstiegszeitpunkt gibt es nicht!
 
*Ursprünglich wurder dieser Artikel für blick.ch in französischer Sprache verfasst. Wir haben ihn für YuhLearn wortgetreu ins Deutsche übersetzt.

Sparen oder investieren? Welche Strategie eignet sich, um das Ersparte Früchte tragen zu lassen, und wie gelingt der Einstieg in den Anlagedschungel für absolute Neulinge? Wir haben drei Methoden verglichen und verraten dir hier alles Wissenswerte.

Hallo Börsenneuling!

An einem Hitzetag, den ich in der Blick-Redaktion verbrachte, fängt mich der Chefredakteur ab: «Sag mal, Margaux, kennst du dich mit Finanzanlagen aus?» Über die Antwort brauchte ich nicht lange nachzudenken: «Absolut nicht.»
 
Auf diese ehrliche Antwort kam eine Reaktion, die ich nicht erwartet hatte: «Perfekt! Schnapp dir einen Kaffee, und ich erkläre dir alles.» Und so erfahre ich, dass Blick ein Dossier (was wir hier «Long Read» nennen, you know) für seine Rubrik Money erstellen möchte.
 
Das Konzept? Ohne jegliche Vorkenntnisse mit der Yuh-App online Geld anlegen. Ich denke kurz nach und willige schliesslich ein. Bitcoin, ETF, Fractional Trading, Zinseszins: Bald werden all diese mysteriösen Begriffe kein Buch mit sieben Siegeln mehr für mich sein!
 
Hilfestellung bei diesem Abenteuer erhalte ich zum Glück in Form der Erläuterungen von Myret Zaki, einer Wirtschaftsjournalistin, die keiner Vorstellung mehr bedarf und die das Vokabular der Finanzmärkte für mich entschlüsseln wird. Und ich kann auf Thomas Veillet zählen, einen Finanzexperten und ehemaligen Profi-Trader, der heute als unabhängiger Kolumnist arbeitet und mein Abschneiden an der Börse für dich durchleuchten wird.
 
Nachdem ich mein Yuh-Konto angelegt habe, zahle ich mein erstes Geld ein. 3‘000 CHF hat Blick mir für das Experiment zur Verfügung gestellt. Ehrlich gesagt fühle ich mich zunächst ein wenig verloren. Leichte Panik steigt in mir auf, meine Atmung wird schneller. Ich beschliesse, die Rubrik «YuhLearn» der App aufzusuchen, und stosse auf den Artikel «7 Tipps für einen Schnellstart als Investor*in». Der kommt mir gerade recht!
 
Nun bin ich also startklar und kann zum Kern der Sache kommen. Um mein Portfolio zu diversifizieren und mich so aufzustellen, dass mich nach Möglichkeit nicht schon die allerersten Chartzuckungen in den Ruin stürzen, habe ich mich dafür entschieden, meine Investitionen in drei verschiedene Kategorien aufzuteilen: Anlagen in die Gewinner und Verlierer des Tages, Anlagen in ETFs und Anlagen in beliebte Aktien.
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Methode 1
Anlagen in die Gewinner und Verlierer des Tages

Warum nehme ich diesen Weg auf mich?

Wie treffe ich unter den Hunderten von Möglichkeiten, die mir zur Verfügung stehen, die richtige Wahl? In der Yuh-App fällt mein Blick auf die Rubrik «Tagessieger» und «Tagesverlierer»: Hier sind die Aktien, ETFs und Kryptowährungen zu finden, die in den letzten 24 Stunden an den Märkten am besten abgeschnitten haben, aber auch die Schlusslichter (jene Titel also, die – unverblümt gesprochen – so richtig abgewatscht wurden). Das scheint mir eine ausgezeichnete Einstiegshilfe für einen Börsenneuling wie mich zu sein.

Wie funktioniert’s?

Warum es sich lohnen kann, auf Titel zu setzen, die sich gut entwickelt haben, lässt sich instinktiv verstehen. Auf Verlierer zu wetten – «kaufen, wenn die Kanonen donnern», wie es so schön heisst – kann jedoch alles andere als eine schlechte Strategie darstellen, so Myret Zaki: «An den Märkten ist alles eine Frage von Timing und Analyse: Wird meine Aktie, die es zur «Tagessiegerin» geschafft hat, weiter steigen, oder hat sie im Gegenteil einen Zenit überschritten und «ihr Soll erfüllt»? Zu bedenken ist auch: Wenn der Kurs der Aktie bereits stark angestiegen ist, heisst dies eben auch, dass sie bereits teuer oder sogar überbewertet ist.“
 
Andererseits erfahre ich auch, dass Titel nach einer Abwertung anschliessend wieder in den Aufwärtsmodus wechseln können. Somit kann es interessant sein, zuzugreifen, wenn die Aktie günstig zu haben ist: «In der Finanzwelt gilt es, zu kleinem Preis zu kaufen und zu hohem Preis zu verkaufen. Anfänger*innen tun aber oft das Gegenteil! Trader hingegen trauen sich, vorübergehende Schwächephasen zum Kauf zu nutzen, sofern sie der Ansicht sind, dass die fragliche Aktie Aufwärtspotenzial birgt», führt unsere Marktexpertin aus.

Wie habe ich investiert?

Am 31. Juli 2023, dem Tag vor dem Nationalfeiertag und der Schliessung der Schweizer Börse, ist es nun an der Zeit, meine ersten Anlagen unter den Gewinnern und Verlierern des Tages zu tätigen.
 
Von den Hunderten von Möglichkeiten, die sich mir bieten, wähle ich ein Dutzend Vermögenswerte aus: manche aus Affinität zum betreffenden Sektor, andere aus Neugier und einige zugegebenermassen auch einfach, um mich für irgendetwas zu entscheiden, wenn auch ohne rechte Überzeugung.
Dies sind die Auserwählten:
 
Nikola (NKLA), der Gewinner unter den Gewinnern
Die Nikola Corporation ist ein amerikanischer Automobilhersteller, der sich auf die Entwicklung und Herstellung von emissionsfreien Nutzfahrzeugen und anderen Transportlösungen spezialisiert hat. Fun Fact: Der Name des Unternehmens wurde zu Ehren von Nikola Tesla gewählt und spielt ironischerweise auf seinen Konkurrenten an (wie du sehen wirst, kommen wir in diesem Artikel mehrmals auf den Giganten am Markt für Elektroautos und seinen grössenwahnsinnigen CEO Elon Musk zu sprechen).
 
An diesem Tag hatte die Nikola-Aktie die beste Performance erzielt, daher meine Wahl (Spoiler Alert: Sie wird ihren Spitzenplatz nicht lange halten). Nach nur wenigen Tagen geht das Nikola-Papier in den Sinkflug. Von 2.61 Dollar fällt ihr Kurs auf 2.30 Dollar. Dennoch bleibt sie in aller Munde. Somit folge ich dem Trend und beschliesse, meine Position trotzdem über den Zukauf weiter Aktien auszubauen.
 
DocMorris (DOCM), die Apotheke der Zukunft
Bei der Schweizer DocMorris-Gruppe, vormals «Zur Rose», handelt es sich um die grösste Online-Apotheke Europas und einen der führenden Grosshändler im Schweizer Gesundheitssektor. Der Aktienkurs steuert aufwärts und weckt das Interesse von Spekulanten, als der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach erklärt, dass das E-Rezept in Deutschland ab dem 1. Juli 2023 «endlich alltagstauglich» werden dürfte. Da kann also nichts schieflaufen, oder?
 
Bitcoin (XBT) – der König und Urahn aller Kryptowährungen
Ich weiss nicht viel über Krypto. Bei der Kryptothematik bin ich sozusagen ein unbeschriebenes Blatt. Wenn ich mir also eine Kryptowährung zulege, dann Bitcoin. Ausserdem setzen derzeit 92% aller Yuh-Nutzer auf diesen Titel. Ich entscheide mich, dem Herdentrieb nachzugeben.
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Was habe ich gewonnen oder verloren?

Nikola auf Tauchstation
Als Auftakt für das Debriefing dieses siebenwöchigen Anlageexperiments schlage ich vor, zuerst meinen grössten Fail zu analysieren, und zwar Nikola. Denn obwohl der Wert meiner Position zunächst Auftrieb erfuhr (sodass ich in meiner Naivität zunächst davon überzeugt war, ein Jahrhundertgeschäft getätigt zu haben), dauerte es nicht lange, bis die Aktie in die Tiefe rauschte.
 
Doch was zum Teufel war passiert? Angesichts des Interesses der übrigen Anlegerschaft schien der Plan perfekt. Dann aber erzählte mir Thomas Veillet von den so genannten «Meme-Aktien» – günstigen Titeln, die in sozialen Netzwerken wie Reddit oder X (vormals Twitter) viral gehen.
 
Aufgrund des Gruppeneffekts verstärkt sich der Hype mit dem Zustrom der Anleger*innen, was seinen Titel auf völlig künstliche Weise in die Höhe treibt.
Das Ergebnis: Die Blase schwillt immer weiter an, bis sie schliesslich platzt. Jene Anleger*innen, die wie meine Wenigkeit nicht erkannt hatten, dass der Wind sich dreht, stehen nun im Regen.
 

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Turbulente Zeiten für den Bitcoin
Kaum sind meine Tränen getrocknet, erschüttert eine Schockwelle die Märkte: Am 17. August verliert der Bitcoin binnen eines Handelstags 3’000 US-Dollar. Auslöser war ein Gerücht des Wall Street Journal, laut dem das auf Astronautik und Raumfahrt spezialisierte US-Unternehmen SpaceX, dessen Eigentümer Elon Musk ist, seine gesamten Positionen abgestossen habe: «Die Hypothese, dass Musk – ein bekennender und bekanntlich einflussreicher Bitcoin-Fan – hinter der Verkaufsentscheidung steht, hat die Anleger*innen in eine regelrechte Panikstimmung versetzt.»
 
Obwohl Kryptoanleger*innen der Himmel letztlich nicht auf den Kopf fiel, gab es knapp einen Monat später noch immer keinen nennenswerten Kursanstieg. Diese Situation ist auf das spannungsgeladene Klima zwischen den Afficionados dieser virtuellen Währungen und der Securities and Exchange Commission (SEC) zurückzuführen, der US-Bundesbehörde für die Regulierung und Beaufsichtigung der Finanzmärkte.
 
Das jüngste Scharmützel bestand in der gerichtlichen Abweisung einer SEC-Klage gegen die Auflegung eines Bitcoin-basierten ETFs: «Mit dieser Nachricht kündigt sich an, dass dieser Bitcoin-ETF früher auf den Markt kommen könnte, als gedacht. Da ein klares Signal jedoch bislang ausbleibt, halten sich die Anleger*innen bedeckt, wenngleich sie bereits mit den Hufen scharren», führt Thomas Veillet weiter aus. Wie so oft an den Märkten gilt also: Fortsetzung folgt.

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DocMorris als Trostpflaster
Wie sich gezeigt hat, sieht es vorerst noch nicht danach aus, als könnte ich mit vierzig in Rente gehen. EIN schönes Erfolgserlebnis hatte ich trotzdem: Am 30. August hatte die deutsche Regierung noch immer keine Ankündigung über die Einführung jenes berühmten E-Rezepts gemacht, die doch unmittelbar bevorstehen sollte.
 
Diese Situation hinderte meine DocMorris-Position allerdings nicht daran, immer mehr an Wert zu gewinnen. Daher stehe ich vor einem Dilemma: Verkaufen und die Gewinne mitnehmen oder halten und auf einen weiterhin steigenden Aktienkurs hoffen? Entschlossen, nicht wieder den gleichen Fehler wie bei Nikola zu machen, wähle ich die erste Option. Und schwupps habe ich etwas über fünfzig Franken Gewinn gemacht.
 

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Methode 2
Anlagen in grosse Namen

Warum nehme ich diesen Weg auf mich?

Im Dschungel der börsennotierten Unternehmen tummelt sich eine vielfältige Fauna, von der ultraspekulativen Aktie, von denen man noch nie gehört hatte, bevor ihr Kurs durch die Decke geht (siehe Nikola) bis hin zu jenen, deren Namen allseits bekannt sind (wie beispielsweise Apple, LVMH, Novartis, Nestlé oder Amazon).
 
Und wenngleich diese namhaften Aktien keinesfalls mit garantierten Gewinnen gleichgesetzt werden dürfen, sind sie für Anleger*innen in mehr als einer Hinsicht interessant. In diesem Abschnitt werden wir diese verschiedenen Facetten beleuchten, und zwar am Beispiel einer als defensiv geltenden Aktie auf der einen Seite und einem echten UFO andererseits, das von einem leicht durchgeknallten Kapitän gesteuert wird.

Wie funktioniert’s?

Wie bei jeder Aktie wählt der*die Investor*in das Unternehmen aus, in das er*sie das Geld anlegen möchte, legt die Grösse seiner Position fest, gibt die Order auf und wird damit stolze*r Eigentümer*in eines Anteils am betreffenden Unternehmen.

Wie habe ich investiert?

Für dieses Versuchskapitel habe ich mich dafür entschieden, den mir zur Verfügung stehenden Betrag gleichmässig zwischen zwei Schwergewichten aufzuteilen:
Les deux mastodontes:
 
Walmart (WMT), der Einzelhandelsriese
Walmart, ein multinationaler US-Konzern und die Nummer Eins unter den grossen Einzelhandelsketten, gilt aufgrund seiner breiten Aufstellung und konstanten Rentabilität oft als erste Wahl für Anleger*innen, die nach zuverlässigen defensiven Werten Ausschau halten.
 
Tesla (TSLA), das Fähnlein im Wind von Elon Musk
Der amerikanische Hersteller von Elektroautos beschert seinen Anleger*innen mindestens einmal täglich ein Wechselbad der Gefühle: Jeder Tweet des Kapitäns schlägt wie eine Bombe ein. Drastische Preissenkungen bei den Vorzeigemodellen oder der überraschende Rücktritt des Finanzdirektors können die Folge sein. Manchmal (beziehungsweise oft) fällt es schwer, den Überblick über das Geschehen zu behalten.
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Was habe ich gewonnen oder verloren?

Walmart, meine allererste Dividende
Seit meinem Kauf hat sich die Walmart-Aktie gut entwickelt (zu dem Zeitpunkt, zu dem ich meine Investitionen beende, würde mir der Verkauf meiner Aktien rund zwanzig Franken Gewinn bringen). Eine gute Performance, die darauf zurückzuführen ist, dass trotz der derzeitigen Konjunkturabkühlung in den USA, bei der Titel wie Foot Locker (ein Anbieter teurer Turnschuhe) oder Macy’s (eine US-Kaufhauskette) viele Federn lassen mussten, noch mehr Verbraucher*innen als zuvor ihre Einkäufe bei Walmart erledigen.
Doch zusätzlich zur erfreulichen Wertentwicklung meiner Position habe ich vor allem meine allererste Dividende eingestrichen! Eine gute Gelegenheit, mit Thomas Veillet über die Bedeutung der sogenannten Zinseszinsen zu sprechen: «Wenn man eine langfristige Strategie aufbaut, indem man Aktien eines Qualitätsunternehmens wie Walmart kauft und eine Dividende ausgezahlt bekommt, muss man sie unbedingt wieder in dasselbe Unternehmen anlegen. Dabei wirst du deine Position Schritt für Schritt ausbauen, immer mehr Dividenden erhalten und somit den Wert deiner Anlage Jahr für Jahr weiter steigern.»

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Tesla, der Jojo-Effekt mit Happy End
Im Gegensatz dazu bin ich bei meiner Tesla-Position eher auf stürmischer See als auf einem langen, ruhigen Fluss unterwegs: Seit meinem Kauf ist der Aktienkurs nahezu unentwegt gesunken. Laut Thomas Veillet ist es unmöglich, hier eine endgültige Erklärung für den Kursrückgang dieser atypischen, überbewerteten und unberechenbare Aktie zu liefern: «Nicht ein Tag vergeht, ohne dass Tesla Schlagzeilen macht. Dieser ununterbrochene Nachrichtenstrom ist ziemlich einzigartig und es ist meist unmöglich, eine Verbindung zwischen einem bestimmten Ereignis und einem Kursgewinn oder in diesem Fall Kursverlust herzustellen», so der Spezialist, der gleich noch die Mahnung hinterherschiebt, dass zwischen dem Redaktionsschluss dieses Artikels und seiner Veröffentlichung so viel passieren dürfte, dass jede Analyse überholt sein wird.
Fun Fact: Drei Tage nach unserer letzten Nachbesprechung sprang die Tesla-Aktie um 9% aufwärts, nachdem die Analyst*innen der Investmentbank Morgan Stanley mitgeteilt hatten, dass der von Tesla seit Juli für das Training von künstlicher Intelligenz produzierte Supercomputer Dojo den Unternehmenswert des Automobilherstellers um über 500 Milliarden Dollar steigern könnte.

Methode 3
Anlagen in ETFs (Exchange Traded Funds)

Warum nehme ich diesen Weg auf mich?

Du kennst mich inzwischen ein bisschen. Wenn ich nicht weiterweiss, schaue ich mir an, wie andere vorgehen und warum. Und im vorliegenden Fall muss man nicht sehr weit ins Internet vorstossen, um sich der ungemeinen Beliebtheit dieser drei Buchstaben bewusst zu werden.

Wie funktioniert’s?

Wie versprochen erläutert Myret Zaki, was sich dahinter verbirgt: «Ein Exchange Traded Fund, kurz ETF oder auf Deutsch auch Indexfonds, ist ein börsengehandelter Fonds, der Börsenindizes, Sektoren, Rohstoffe oder Wertpapiere desselben Anlagethemas abbildet. Mit diesen Fonds können sich wenig erfahrene Anleger*innen ein hohes Exposure in diesen verschiedenen Anlageklassen aufbauen.» Kurzum, wir haben es mit einer Art Anlagecocktail zu tun, der sich zur Diversifizierung des Portfolios einsetzen lässt. In manchen ETFs sind Hunderte, wenn nicht sogar Tausende verschiedener Titel vertreten.
 
Neben den Vorteilen, die sich durch diese Streuung ergeben, nennt mir Thomas Veillet noch einige weitere Pluspunkte: Eine Anlage in einen ETF ist eine erhebliche Zeitersparnis. (Stell dir vor, du wolltest in 500 Aktien einzeln investieren. Für die Auswahl würdest du Tage benötigen.) Da ETFs völlig transparent sind, ist jederzeit ersichtlich, in welche Werte sie investiert sind. Und als Sahnehäubchen sind schliesslich die Verwaltungsgebühren für ETFs in der Regel gegenüber klassischen Fonds günstiger.

Wie habe ich investiert?

Unter den zahlreichen ETFs, die Yuh anbietet, lenkt der von UBS aufgelegte ETF Swiss Real Estate meine Aufmerksamkeit auf sich. Und das nicht nur, weil ich gerade die neue Staffel von «Selling Sunset» verschlinge. Im Ernst: Dieser Index fasst die an der SIX Swiss Exchange notierten Immobilienfonds zusammen, deren Vermögenswerte zu mindestens 75% in der Schweiz angelegt sind. Im Hinblick auf die Diversifizierung meiner Anlagen scheint mir eine Investition in Betongold eine erstklassige Wahl zu sein.

Was habe ich gewonnen oder verloren?

Da Investitionen in ETFs auf langfristige oder gar überaus langfristige Strategien ausgelegt sind, ist in diesen anderthalb Monaten, in denen ich investiert war, abgesehen von einem leichten Rückgang aufgrund steigender Hypothekenzinsen nicht viel passiert. Im Grossen und Ganzen würde ich sagen: «Geh weiter, hier gibt es nichts zu sehen. Komm aber gerne in zwanzig Jahren wieder.»
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Fazit
Das habe ich in diesen sieben Wochen gelernt

Und dies sind meine 10 Gebote für Anlage-Neulinge

Zeit, Bilanz zu ziehen

Obwohl es mir wirklich Spass gemacht hat, mit den verschiedenen Finanzprodukten «spielen» zu dürfen und sie zu entschlüsseln (oder in einigen Fällen auch zu obduzieren), habe ich mich dennoch entschieden, meine gesamten Positionen aufzulösen. Erst einmal möchte ich darüber nachdenken, ob und wie ich in Zukunft anlegen möchte. Sollte ich mich erneut an die Börse wagen, so werde ich eher auf weniger spekulative Aktien setzen und defensivere Titel bevorzugen, die Dividenden ausschütten, denke ich beispielsweise.
Hier könnte ich nun einen Schlussstrich setzen, allen Beteiligten danken und diesen Artikel abschliessen. Eine Frage aber geht mir nicht aus dem Kopf: Abgesehen von den Fehlern, durch die ich etwas Geld verloren habe – lag alles an mir, oder haben die Märkte im Laufe dieser Wochen einen allmählichen Abwärtsrutsch vollzogen? Thomas Veillet bestätigt diese Beobachtung: «Der August ist historisch der schlechteste Börsenmonat, und dies seit Beginn der 2000er Jahre.»
 
Überdies habe ich erfahren, dass sich die Märkte seit November letzten Jahres so gut entwickelt haben, dass ihre Jahresziele schon jetzt erreicht sind. Diese Situation deutet bestenfalls auf eine Stagnation hin, schlimmstenfalls auf noch grössere Rücksetzer. Um diesen Artikel dennoch mit einer positiven Note ausklingen zu lassen, gibt uns Thomas Veillet eine beruhigende Erkenntnis auf den Weg: Es gibt keinen perfekten Zeitpunkt, um mit der Geldanlage zu beginnen. Das Wichtigste? Einen Plan erstellen und an ihm festhalten, kalkulierte Risiken eingehen und nicht alle Eier ins selbe Nest legen.
Zu Beginn des Abenteuers belief sich der Wert meiner drei Anlagekategorien auf 2‘944.14 CHF (da die mir bereitgestellten 3‘000 CHF auch die Kosten und Wechselgebühren decken sollten, hatte ich ein kleines Polster gelassen). Sieben Wochen später war mein Anlagekorb nur noch 2’853.51 CHF wert. Ich bin also kein Finanz-Ass geworden, habe Blick aber auch nicht ruiniert (was ja auch höchst bedauerlich gewesen wäre).

Die zehn Gebote für Neulinge

In diesen Wochen habe ich eine Reihe Lektionen gelernt, positive ebenso wie bittere. Bevor ich mich also verabschiede, verrate ich hier meine «10 Gebote für Anlage-Einsteiger*innen»:
1 – Bevor du beginnst, ist es wichtig, einen Plan zu entwerfen und sich an ihn zu halten.
2 – In der Finanzwelt gilt es, zu einem niedrigen Preis zu kaufen und zu einem hohen zu verkaufen.
3 – Sofern du es dir nicht leisten kannst, auf einen Schlag alles zu verlieren, falls etwas nicht nach Plan läuft, ist es ratsam, sich von Meme-Aktien fernzuhalten.
4 – Der Zinseszins ist dein bester Freund.
5 – Lege niemals alle Eier in einen Korb.
6 – Auch wenn es keinen perfekten Zeitpunkt für einen Einstieg in die Welt der Anlagen gibt, solltest du den August besser meiden.
7 – Wie beim berühmten «Schmetterlingseffekt» in der Chaostheorie hat ein Wimpernschlag von Elon Musk das Potenzial, einen wahren Sturm an den Märkten zu entfachen.
8 – Nein, man darf wirklich nie all seine Eier in denselben Korb legen!
9 – Wenn man sich bei einem Thema nicht auskennt, geht nichts darüber, sich bei der Creme de la Creme der Expert*innen schlau zu machen.
10 – Vergiss nicht die goldene Regel der Investment-Legende Warren Buffet, der es auf ein Vermögen von fast 14 Milliarden Dollar gebracht hat: «Regel Nummer eins: Verliere kein Geld. Regel Nummer zwei: Vergiss nie die Regel Nummer eins.»

Glossar

Aktie

Dokumentiert, dass man einen Teil eines Unternehmens besitzt. Mit dem Kauf einer Aktie erwirbt man einen (mehr oder weniger grossen) Anteil an einem Unternehmen.

Position

Entspricht dem in einen oder mehrere Vermögenswerte (Aktien, ETFs, Kryptowährungen etc.) investierten Betrag. Wenn die Aktie des Unternehmens Mustermann 100 CHF wert ist und ich mich entscheide, zwei Mustermann-Aktien zu kaufen, dann beträgt meine Position 200 CHF.

Kryptowährungen

Virtuelle digitale Vermögenswerte, die auf der Blockchain-Technologie (Blockkette) beruhen, einem dezentralen Register, das nach einem verschlüsselten IT-Protokoll (ohne zwischengeschaltete Zentralbank) erstellt wurde. Ihr Wert richtet sich ausschliesslich nach Angebot und Nachfrage. Es gibt eine Vielzahl verschiedener Kryptowährungen, wobei Bitcoin und Ethereum jedoch die bekanntesten sind.

Fractional trading

Der Kauf eines Bruchteils (Fraction) einer Aktie, einer Kryptowährung oder eines ETFs. Kleinanleger*innen oder Neulinge erhalten so die Möglichkeit, in Finanzprodukte mit hohem Wert zu investieren, allerdings in geringerem Umfang. Der Kurs des Bruchteils kann steigen und fallen, genau wie der einer vollständigen Aktie.

Investissement défensif

Investitionen in Sektoren, die kaum auf eine etwaige Konsumzurückhaltung der Privathaushalte reagieren (Pharmabranche, Lebensmittelindustrie, Telekommunikation etc.). Im Finanzjargon bezieht sich das Adjektiv «defensiv» auf eine maximale Begrenzung des Kapitalverlustrisikos im Rahmen einer Finanzanlage.

Dividende

Entspricht dem Einkommen, das ein Unternehmen seinen Aktionär*innen ein oder mehrere Male im Jahr auszahlt. Sein Betrag ist proportional zur Anzahl der gehaltenen Aktien.

ETF (Exchange Traded Fund)

Börsengehandelter Fonds, der mehrere unterschiedliche Vermögenswerte umfasst (Ähm … ein was? Der was umfasst? Keine Panik, Myret Zaki wird dir all das in Kürze erklären).